Sie sorgen für Blech und Ordnung

Text Sebastian Schneider
Bilder Urs Bucher

Das Team von Hugo Cozzio kümmert sich um den Verkehrsfluss in der Stadt: Er und seine Mitarbeitenden stellen sämtliche Signaltafeln an Strassen, Baustellen und Park­plätzen auf. Einmal pro Woche rücken die Männer mit Putzmitteln und Leitern aus.

Damit Autos, Lastwagen und Velos reibungslos aneinander vorbeikom­men, kümmert sich bei der Stadtpoli­zei ein Spezialteam um Signaltafeln, Absperrgitter und Parkplatz-Kenn­zeichen. Das achtköpfige Team ist mit dieser Aufgabe allein für die Stadt St.Gallen ausgelastet. «Es gibt ständig zwischen 1500 und 1800 Baustellen in der Stadt», sagt Hugo Cozzio, Leiter Technik bei der Stadt-polizei. ln diese grosse Zahl sind auch private Umzüge eingerechnet.

TAFELN AUS DER EIGENPRODUKTION

Mit dem Signalisations-Team, das im Werkhof Waldau stationiert ist, kann die Stadtpolizei rasch auf neue Anforderungen reagieren. Muss es besonders schnell gehen, kann eine Signaltafel innert weniger Stunden produziert und aufgestellt werden. Im Werkhof, in der Halle für temporä­re Signalisation, werden die Schilder eigenhändig gefertigt. Dafür bekle­ben Cozzios Männer Blech-Rohlin­ge, die bereits geformt, gebohrt und abgekantet in den Werkhof gelie­fert werden. Dem Team stehen die nötigen Folien und Filme sowie ein Plotter zur Verfügung. «Dank dieser Selbständigkeit fahren wir deutlich günstiger, als wenn wir Signale ein­kaufen», sagt Hugo Cozzio.
Die Fertigungstiefe im Werkhof reicht aber noch weiter. Ein Ange­stellter kümmert sich als Schlos­ser um die Rahmen der Schilder: Er biegt Stahlrohre- und Profile zurecht, schweisst Gewindeklötzeauf die Rahmen oder bohrt Löcher durch die Bleche. Dafür steht dem Handwerker eine eigene Werkstatt mit Drehbank, Fräsmaschine, Bohr­ständer sowie Maschinen zum Schleifen, Schweissen, Pressen, Bie­gen und Sägen zur Verfügung. Gegebenenfalls bittet er seine Nach­barn um Hilfe. Gleich neben seiner Werkstatt sind in einer etwas grös- seren Halle die Schlosser und Ange-stellten des städtischen Tiefbauamts beschäftigt. «Heute arbeiten wir un-kompliziert zusammen», sagt Cozzio. Es sei ein «Geben und Nehmen», das «Gärtchendenken» gehöre vergange­ner Jahre an.

FEHLER SIND NICHT IMMER WITZIG

«Klar», gibt Hugo Cozzio zu, «auch wir machen Fehler.» Auch sie hät­ten schon Tafeln mit Rechtschreibe­fehlern oder mit falschem Datum ausgeliefert. Ein solcher Lapsus werde jedoch meist recht zügig per «Stadtmelder» beanstandet.
Kann man derlei Fehler noch mit einem Augenzwinkern sehen, kön­nen andere gravierende Folgen haben. Dann etwa, wenn eine Tafel am falschen Ort aufgestellt werde.
«Man stelle sich vor, es gäbe des­wegen schwere Unfälle», sagt Coz­zio. Die grosse Verantwortung ist auf mehrere Schultern verteilt. Bernhard Schnider ist als Fachspe­zialist Verkehrsprojekte ständig mit Cozzio im Austausch. Die beiden erfahrenen Verkehrspolizisten spre­chen sich jeweils ab, wenn etwa ein Verkehrsregime geändert oder wenn ein neuer Grossanlass geplant wird. Bevor eine Tafel an einen neuen Standort kommt, schauen die Verantwortlichen auch immer zuerst vor Ort: «Es kann immer sein, dass etwa ein Strauch oder ein Baum die Sicht verdeckt.»

KLEBER, SPRAYS UND LEITERN

Hugo Cozzio, der zuvor 25 Jahre lang uniformierter Polizist war, sieht sich zuweilen mit Nacht­bubenstreichen konfrontiert. Gerade an Freitag- oder Samstagabenden werden gerne einmal Tafeln ver­stellt oder Teile davon abmontiert. Auch da hilft der «Stadtmelder», und es dauert laut Cozzio selten lange, bis die Tafeln wieder an den rechten Platz gerückt wurden.
Zu schaffen macht den Männern auch das Verkleben von Signalen, sei es mit politischen Botschaften oder mit Fanbekundungen an ei­nen Fussballverein. Das Entfernen von Klebern gehört mittlerweile zum Alltag, zur ständigen Aufgabe, des Teams. Die Mittel gegen derlei Verunstaltungen – Filzstifte und Sprays miteinbezogen – sind zahl­reiche scharfe Lösungsmittel, 2,5 Meter hohe Leitern und viel Geduld der Angestellten, die wöchentlich nur für diesen Zweck ausrücken.
Die Corona-Krise hat auch das Team von Hugo Cozzio aus­gebremst. Da zum Beispiel das OpenAir ausfällt, habe man Aufräumaktionen durchgeführt oder Schweissarbeiten vorgezogen. Ord­nung ist offensichtlich nicht nur draussen auf den Strassen wich­tig, sondern hat auch im Werkhof Priorität. Immerhin liegen hier hunderte Barrieren und tausende Signaltafeln herum. Und es kom­men immer wieder neue dazu. Seit Anfang Jahr etwa gibt es aufgrund einer neuen Verordnung das neue Signal «Rechtsabbiegen für Rad­fahrer gestattet». Hugo Cozzio hält ein Schild in der Hand mit einem Männchen, das über den Fussgän­gerstreifen läuft. Das Männchen wird früher oder später einer Re­form zum Opfer fallen: «Eine ge­schlechterneutrale Strichfigur wird die Zukunft sein.»